Johnny Cash
Johnny Cash (* 26. Februar 1932 als J. R. Cash in Kingsland, Arkansas, USA; † 12. September 2003 in Nashville, Tennessee, USA) war einer der einflussreichsten US-amerikanischen Country-Sänger und -Songwriter.
Cash war für seine markante Bassbariton-Stimme und den sogenannten „Boom-Chicka-Boom“-Sound seiner Begleitband Tennessee Three sowie seine kritischen und unkonventionellen Texte bekannt. Sein musikalisches Spektrum reichte von den 50er Jahren mit Country, Gospel, Rockabilly, Blues, Folk und Pop bis hin zum Alternative Country Anfang des 21. Jahrhunderts. Legendär sind seine Konzerte in den Gefängnissen Folsom und San Quentin Ende der 60er Jahre. Cash, der den Beinamen „Man in Black“ trug, hat etwa 500 Songs geschrieben, mehr als 53 Millionen Tonträger verkauft und wurde mit zwölf Grammys ausgezeichnet.
Erste Jahre
J. R. Cash war der Sohn des mittellosen Farmers Ray Cash und dessen Frau Carrie Rivers Cash. Sein Vorname lautet tatsächlich „J. R.“, erst mit Eintritt in die US Air Force wurde aus dem „J.“ ein „John“. Drei Jahre nach seiner Geburt zog die Familie auf eine Farm in Dyess, Arkansas, die der Familie im Rahmen des New Deal unter Präsident Franklin D. Roosevelt günstig zur Verfügung gestellt worden war. Schon im Alter von fünf Jahren arbeitete Cash auf den Baumwollfeldern.
Johnny Cash hatte sechs Geschwister: Roy, Louise, Jack, Reba, Joanne und Tommy. Sein zwei Jahre älterer Bruder Jack starb im Mai 1944 im Alter von 14 Jahren bei einem Unfall mit einer Kreissäge.
Cash begann früh Gitarre zu spielen und Lieder zu schreiben. In seiner Zeit auf der High School trat er bereits bei einem lokalen Radiosender auf. 1950 ging Cash zur Air Force und wurde ein Jahr später als Funker auf einem Abhörposten in Landsberg am Lech in Bayern stationiert. Hier gründete er seine erste Band, die Landsberg Barbarians (die Landsberger Barbaren), eine Verballhornung der Zeitung der Air Force Base, der Landsberg Bavarian (Landsberger Bayern). Cash schrieb hier auch den Folsom Prison Blues, nachdem er den Film Inside the Walls of Folsom Prison gesehen hatte.
Der Legende nach soll Johnny Cash in Landsberg der erste Mensch im Westen gewesen sein, der vom Tod Stalins erfuhr. Tatsächlich hatte seine Einheit lediglich die Aufgabe, die russischen Funksprüche aufzuzeichnen. Verstehen konnte Cash diese nicht, denn er sprach kein Russisch.
Nach Beendigung seiner Militärzeit in Deutschland mit dem Rang eines Oberfeldwebels zog Johnny Cash 1954 nach Memphis (Tennessee) und heiratete Vivian Liberto. Aus dieser Ehe stammen seine Töchter Rosanne (* 1955), Kathleen (* 1956), Cindy (* 1959) und Tara (* 1961).
Karrierebeginn
Tagsüber jobbte Cash als Vertreter für Elektrogeräte, abends spielte er zusammen mit den Tennessee Two, dem Gitarristen Luther Perkins und dem Bassisten Marshall Grant (aus denen 1960 mit dem Schlagzeuger W. S. Holland die Tennessee Three wurden) in verschiedenen Clubs in Memphis. Da Cashs Band zu dieser Zeit noch keinen Schlagzeuger hatte, ließ Perkins ein Stück Papier hinter die Saiten der Rhythmusgitarre klemmen; dieses perkussive Schnarren wurde zum typischen Merkmal des berühmten „Boom-Chicka-Boom“-Sounds. Die Bezeichnung ist eine lautmalerische Beschreibung für den schnellen, stampfenden Klang ähnlich dem eines fahrenden Zugs.
Schließlich stellte Cash sich Sam Phillips, dem Besitzer und Produzenten von Sun Records vor, der ihn unter Vertrag nahm. Johnny Cashs erste Single bei Sun Records erschien mit Cry! Cry! Cry! am 21. Juni 1955 und erreichte Platz 14 der Countrycharts; auf der B-Seite befand sich Hey! Porter. Im August 1955 hatte Cash seinen ersten großen Auftritt im Vorprogramm von Elvis Presley. Cashs nächste Veröffentlichung, Folsom Prison Blues mit der Rückseite So Doggone Lonesome, die im Dezember 1955 erschien, erreichte bereits Platz 4 der Country-Charts. I Walk the Line mit der B-Seite Get Rhythm vom Mai 1956 schaffte es schließlich auf Platz 1 der Country-Charts und konnte sich auch unter den Top 20 der Pop-Charts platzieren. Am 4. Dezember 1956 fanden die legendären „Sun Session“-Aufnahmen des sogenannten „Million Dollar Quartetts“ mit den Rock'n'Roll-Größen Carl Perkins, Jerry Lee Lewis und Elvis Presley statt, die ebenfalls bei Sun Records unter Vertrag waren.
1956 lernte Johnny Cash hinter der Bühne der Country-Radio-Show Grand Ole Opry in Nashville, die damals noch im Ryman Auditorium aufgezeichnet wurde, seine spätere Ehefrau June Carter von der berühmten Carter Family kennen, die er schon seit seiner Kindheit bewunderte. Zu dieser Zeit begann Cash auch, jedes seiner Konzerte mit den Worten: „Hello, I'm Johnny Cash“ zu eröffnen, was zu seinem Markenzeichen wurde.
Weitere Erfolge
Zum Ende der 50er Jahre ging es mit Johnny Cashs Karriere steil bergauf und er war ständig auf Tournee, was die Ehe mit Vivian Liberto sehr belastete. Cash hielt dem Konzertstress nur schwer stand und nahm nach eigener Aussage 1957 während einer Tour mit den Musikern Faron Young und Ferlin Husky seine erste Benzedrintablette. In der Folgezeit griff er immer häufiger zu Alkohol, Amphetaminen und Barbituraten.
1958 zog Cash mit seiner Familie nach Kalifornien und wechselte zu Columbia Records, die ihm ein lukratives Angebot gemacht hatten. Hier erschien im November desselben Jahres das Album The Fabulous Johnny Cash, das unter anderem den Nr.-1-Hit Don't Take Your Guns to Town enthielt. Mit diesem Album erweiterte Cash sein Klangspektrum um Pop, Folk und Gospel. Das Album Songs of Our Soil, größtenteils bei einer einzigen Session im März 1959 aufgenommen, ist wiederum im Americana-Stil gehalten. Der bekannteste Song hieraus ist Five Feet High and Rising, ein Lied über das Mississippi-Hochwasser, das in den 1930er Jahren beinahe das Haus der Cashs in Arkansas weggerissen hätte. Neben Songs auf Englisch hat Cash zwischen 1959 und 1965 auch Songs in Deutsch und Spanisch aufgenommen.
Am 25. März 1963 nahm Cash den Song Ring of Fire auf, der in seiner Version, unterlegt mit den markanten Mariachi-Trompeten, ein Welthit wurde. Das Lied hatte Merle Kilgore zusammen mit June Carter geschrieben, die darin Cashs Sucht und ihre verbotene Liebe zu ihm beschreibt. Cash und Carter waren beide zu diesem Zeitpunkt noch mit anderen Partnern verheiratet, aber seit langem ineinander verliebt, und seit 1961 wurde Cash von June Carter und der Carter Family auf seinen Tourneen begleitet.
Anfang der 60er Jahre erschienen einige Konzeptalben von Johnny Cash, unter anderem im September 1964 das wütende Bitter Tears, auf dem sich das Aufkommen der amerikanischen Indianerbewegung und die zunehmende Empörung über den Umgang der US-Amerikaner mit den Ureinwohnern des Landes niederschlagen. Auf diesem Album verwendet Cash Stammestrommeln und indianische Gesänge, identifiziert sich mit den Unterdrückten und bezichtigt die US-amerikanischen Präsidenten des Betruges an den Indianern. Ein Höhepunkt des Albums ist The Ballad of Ira Hayes, eine Hymne an den gleichnamigen indianischen Kriegshelden, der als bettelarmer Alkoholiker starb. Mit diesem in kommerzieller Hinsicht riskanten Projekt begründete Cash bei der aufkommenden Protestbewegung und der damit verbundenen Subkultur seinen Ruf als glaubwürdiger Künstler.
Abhängigkeit
Cash vor seinem Haus, 1969
Obwohl Johnny Cash seinen Fans das romantische Image vom Outlaw verkaufte, war er nur einige Male kurzfristig wegen kleinerer Vergehen im Gefängnis. Am 27. Juni 1965 verursachte er durch einen defekten Auspuff seines Wohnmobils im Los-Padres-Nationalpark ein Großfeuer, das 205 Hektar Wald vernichtete; Cash musste 82.000 Dollar Schadenersatz zahlen. Am 4. Oktober 1965 wurde er auf dem Internationalen Flughafen von El Paso, Texas, verhaftet, als er in seinem Gitarrenkoffer über 1000 Amphetamintabletten von Mexiko in die USA geschmuggelt hatte.
Seine Tablettenabhängigkeit war auf dem Höhepunkt angekommen, was zur Scheidung von Vivian Liberto, Gewaltausbrüchen auf der Bühne und einigen Konzertabsagen führte. Cash magerte auf 70 kg bei einer Größe von 1,87 m ab, seine Stimme wurde brüchig. 1967 teilte er sich für einige Zeit ein Appartement mit dem Country-Sänger Waylon Jennings, der ebenfalls tablettensüchtig war. Dann kaufte Cash ein Haus am Old Hickory Lake in Hendersonville in der Nähe von Nashville.
Anfang Oktober 1967, nachdem er mehrere Tage nicht gegessen und geschlafen hatte, zog Cash sich in die Nickajack-Höhle in der Nähe von Chattanooga zurück und legte sich dort hin, um zu sterben. Er schrieb in seiner Autobiographie, dass ihm dort irgendwann klar wurde, dass er seinen Todeszeitpunkt nicht selbst bestimmen könne. Zitat: „Ich würde sterben, wenn Gott die Zeit für gekommen hielt, und nicht, wenn ich es wollte.“ June Carter und ihre Eltern standen Cash bei seinem nun folgenden schwierigen Entzug zur Seite und schirmten ihn vor allem von Leuten ab, die ihm Tabletten besorgt hatten. Am 11. November 1967 gab Cash an der Highschool von Hendersonville sein erstes Konzert in nüchternem Zustand seit mehr als zehn Jahren.
Krankheit
Im Oktober 1997 wurde Johnny Cash bei einem Auftritt in Flint, Michigan beinahe ohnmächtig, als er ein Plektrum aufheben wollte. Die anschließende Untersuchung ergab zunächst den Verdacht, dass Cash an der Parkinson-Krankheit leide. Es dauerte lange, bis die Ärzte schließlich herausfanden, woran Cash tatsächlich erkrankt war. Anfang 1999 wurde bei ihm das Shy-Drager-Syndrom diagnostiziert, eine Parkinson-ähnliche Krankheit, die nicht heilbar ist. Wenig später wurde Cash mitgeteilt, dass er nicht am Shy-Drager-Syndrom erkrankt sei, sondern an autonomer Neuropathie, einer Erkrankung des Nervensystems, bei ihm vermutlich infolge von Diabetes. Cash äußerte später, er habe gewusst, dass er nicht an einer Krankheit leide, die ihn geistig schwächen würde. Cash kämpfte gegen die Krankheit an, und im Frühjahr 1999 teilte er der Zeitung USA Today mit, dass er sich vorgenommen habe, den Namen der Krankheit zu vergessen und ihr keinen Raum in seinem Leben zu geben. Er wolle positiv denken und nicht glauben, dass er eines Tages behindert sein werde.
Am 6. April 1999 wurde ihm zu Ehren im Hammerstein Ballroom in Manhattan, New York City das Konzert An All Star Tribute To Johnny Cash aufgezeichnet, bei dem viele Weltstars seine Lieder sangen. Es wurde am 18. April 1999 beim amerikanischen Fernsehsender TNT ausgestrahlt. Cash trat, stark geschwächt und zur Verwunderung und Freude des Publikums, auch selbst auf. Es war sein letzter Auftritt auf einer großen Bühne, danach spielte er nur noch im Carter Family Fold, einer gemeinnützigen Einrichtung der Carter-Familie zur Erhaltung traditioneller Musik in Bristol, Virginia.
Cash musste mehrmals mit einer Lungenentzündung ins Krankenhaus eingeliefert werden. Im Oktober 2001 wurde er so krank, dass die Ärzte ihn für eine Woche in ein künstliches Koma versetzen mussten. Des Weiteren litt Cash durch starkes Asthma ständig unter Atemnot, außerdem war seine Sehkraft durch ein Glaukom stark zurückgegangen.
Tod von June & Johnny Cash
Das Grab von Johnny Cash und June Carter Cash
Am 15. Mai 2003 starb Johnny Cashs Ehefrau June Carter Cash im Alter von 73 Jahren an den Folgen einer Herzklappenoperation. Die beiden waren 35 Jahre miteinander verheiratet. Bei ihrer Beerdigung saß Cash bereits im Rollstuhl. Zehn Tage nach ihrem Tod sagte Cash, er müsse wieder ins Studio und weiterarbeiten: „Ich möchte Musik machen und arbeiten, so gut ich kann. Sie würde das wollen, und ich will es auch.“ Seinen letzten öffentlichen Auftritt hatte Johnny Cash am 5. Juli 2003 bei einem Konzert im Carter Family Fold. Das letzte Musikstück, das Cash drei Wochen vor seinem Tod aufgenommen hat, ist laut John Carter Cash das Traditional Engine 143.
Am 11. September 2003 telefonierte Rick Rubin zum letzten Mal mit Cash, um ihm mitzuteilen, dass er ihm Abmischungen für die CD-Box Unearthed schicken würde. Cash konnte sie sich nicht mehr anhören, er starb am nächsten Tag, dem 12. September 2003, im Alter von 71 Jahren im Baptist Hospital in Nashville an Lungenversagen. Johnny Cash wurde neben seiner Frau auf dem Friedhof „Memory Gardens“ nahe seinem Wohnhaus in Hendersonville, Tennessee, bestattet.
Nach Cashs Tod
Am 16. Dezember 2003 kam eine 5-CD-Box mit dem Titel Unearthed in den Handel, auf der über 60 unveröffentlichte Songs aus den American Recordings Sessions enthalten sind, unter anderem auch Neuinterpretationen von Klassikern wie Cat Stevens’ Father & Son oder Heart of Gold von Neil Young. Unter den Aufnahmen finden sich auch Duette mit den Musikergrößen Joe Strummer, Tom Petty und dem Rock'n'Roll-Veteran Carl Perkins.
Nach Cashs Tod sind Hunderte von Bändern in einem Büro hinter den Aufnahmestudios des House of Cash gefunden worden. Einige davon hatte er als "Personal Files" gekennzeichnet, es handelt sich dabei um unzählige private Solo-Aufnahmen aus den 70er und 80er Jahren. 49 Songs davon wurden am 26. Mai 2006 als Doppel-CD mit dem Titel Personal File - Homerecordings erstmals veröffentlicht. Das Album enthält eine Sammlung von Titeln, die von klassischen Folk- & Gospel-Interpretationen über Cashs persönliche Lieblingslieder bis hin zu eigenen Songs reicht.
Am 4. Juli 2006 erschien bei Lost Highway Records mit American V - A Hundred Highways das fünfte Album der American Recordings-Reihe. Es enthält erneut Cash-Interpretationen von bekannten Songs wie beispielsweise Gordon Lightfoots If You Could Read My Mind oder Don Gibsons A Legend in My Time, aber auch eigene Lieder wie den letzten von Cash geschriebenen Song Like the 309. Das Album wurde mit Gold ausgezeichnet und erreichte Platz 1 in den amerikanischen Country-Alben-Charts - das letzte Cash-Album, dem dieses gelang, war das Album Man in Black aus dem Jahr 1971.
Zu Cashs Song God's Gonna Cut You Down erschien im Dezember 2006 ein „Tribute“-Video, in dem viele seiner Freunde und Musikerkollegen wie Bono, Billy Gibbons, Kate Moss, Keith Richards, Johnny Depp, Dennis Hopper, Kid Rock, Kris Kristofferson oder Flea und Anthony Kiedis von den Red Hot Chili Peppers auftraten.