Zuhause in der Welt
Mit glasklarer Stimme und einer enormen Nähe zum Publikum begeisterte Patricia Kelly die Fans im Yukon Saloon. Als Zugabe spielte sie Erfolshits der Kelly Family.
Eine bayerische Biermarke wirbt seit Jahren mit dem Slogan "In Bayern daheim, in der Welt zuhause". Irgendwie kommt einem das in den Sinn, nachdem Patricia Kelly am Samstagabend den Dinslakener Yukon Saloon für knappe zwei Stunden auf eine Zeitreise durch ihre persönliche Vergangenheit mitgenommen hat. Wo genau sich Patricia Kelly "daheim" fühlt, verrät sie nicht. Dass sie in der Welt zuhause ist, beweist sie in ihrem Programm jedoch eindrucksvoll. Sechs Sprachen spricht die 39-Jährige, vier davon fließend. Und alle gebraucht sie an diesem Abend, um dem Publikum ihre Vergangenheit Stück für Stück näher zu bringen.
Das rekrutiert sich nicht bloß aus lokalen Fans. Die Kennzeichen der vor dem Yukon Saloon parkenden Autos verraten die teilweise stundenlange Anreise: Solingen, Karlsruhe, Niederlande. Im Publikum melden sich außerdem Zuschauer aus dem Baskenland und Italien. "Sie sind extra wegen mir hier", sagt Patricia Kelly lachend und wechselt unbefangen zwischen den Sprachen.
Das musikalische Aufgebot ist aufs Wesentliche reduziert. Gitarren, Trommel und die für sie in Kelly-Family-Zeiten charakteristische Harfe sind alles, was das Duo braucht. Chansons, Folk, Country- und Flamenco-Stücke, immer wieder unterbrochen von eigenen Kompositionen, begeistern das Publikum sicht- und spürbar.
Allesamt sind sie textsicher, übernehmen teilweise die kompletten Refrains und erzeugen das Gefühl, das auch schon zu Kelly-Family-Zeiten bei jedem Auftritt der Band mitschwang: Irgendwie ist alles sehr friedlich in diesen zwei Stunden, irgendwie fühlt man sich gut und beschwingt und ist versöhnt mit der Welt.
Denn eine Reise zu den schönste Fleckchen des Planeten unternimmt man schließlich an diesem Abend. Mit einem Spielzeug-VW-Bus und einer ruhigen Erzählerstimme skizziert Patricia Kelly ihre Reisen. Die Zeiten im Pariser Bohemien-Viertel, während der sie in der U-Bahn spielten, um Geld für Nahrungsmittel zu verdienen.
Die Zeit auf den deutschen Straßen, in der die Familie auch einmal einen Zwischenstopp auf dem Dinslakener Altmarkt einlegte. Die Zeit auf dem Hausboot in Holland. Die Zeit, als ihre Mutter starb. Die Zeit, als die Kelly Family ihre größten Erfolge feierte. 1994 landeten sie mit dem Album "Over the Hump", das sich allein in Deutschland mehr als 3,5 Millionen Mal verkaufte und damit das bisher national meistverkaufte Album ist, ihren endgültigen Durchbruch.
Eine wunderschöne Kindheit
Trotzdem, im Nachhinein: "Ich hatte eine wunderschöne Kindheit; die schwere Zeit kam mit dem Erfolg." Doch wie das so ist bei einer Biographie: gut und schlecht, erinnerungswürdig und vergessenswert liegen nah beieinander. Patricia Kelly teilte mit den Dinslakener Fans beides. Und erntete dafür minutenlangen Applaus.Diese Gewandtheit hat sie ihrer Kindheit und Jugend zu verdanken. Die begann, genau wie der Konzertabend, in Spanien. Von dort wanderte die Familie mit den irischen Wurzeln 1964 nach Amerika aus. Wie singende Nomaden hielten es Patricias Eltern jedoch nie lange an einem Ort. Nach acht Jahren in den USA zog die Familie ins Baskenland (augenblicklich großes Hallo beim "extra angereisten" Fan). Passend zu dieser Zeit präsentiert die Sängerin Folk-Songs, wirbelt im Blümchenkleid über die Bühne und tanzt mit den Fans in der ersten Reihe.